Mammutprojekt Zahnkranztausch
Winterstillstand genutzt für außergewöhnliche
Großreparatur an Zementmühle 1
Ein Zementwerk ist auch immer ein Ort der Superlative: Alles erscheint extragroß, extraschwer, extrastark – und muss meistens auch noch extra gefertigt werden. So auch der Zahnkranz in Zementmühle 1: Nach über 50 Jahren hatte er seine Lebensdauer erfüllt und musste nun ausgetauscht werden. Das Zementwerk verfügt über drei Zementmühlen, in denen Klinker und die notwendigen Zuschlagstoffe im letzten Produktionsschritt zum fertigen Endprodukt – der gewünschten Zementsorte – gemahlen werden. Hierbei handelt es sich um sogenannte Kugelmühlen.
Ohne Zahnkranz geht nichts
Der Zahnkranz sorgt dafür, dass die Kugelmühle sich dreht. Er ist direkt mit dem Mühlenmantel verbunden, die Ritzelwelle überträgt die Kraft über ein Getriebe, das von einem Mittelspannungsmotor mit 2,7 Megawatt angetrieben wird. Muss hier etwas repariert oder ausgetauscht werden, sorgt das automatisch für den Stillstand der Mühle. Geplante Reparaturen und Instandhaltungsmaßnahmen werden zu den Stillstandzeiten vorgenommen. Bei OPTERRA, wie bei vielen anderen Zementwerken auch, steht einmal jährlich zur Winterzeit das Werk still. In diesem Zeitraum ist in der Baubranche weniger los und Zement wird nicht in großen Mengen benötigt. Deshalb ist das der ideale Zeitpunkt, um solche aufwändigen Arbeiten einzuplanen und umzusetzen.
Eine Spezialanfertigung der Superlative
Selbst für Großreparaturen ist der Tausch eines Zahnkranzes ein besonderes Projekt, das nur alle 30-50 Jahre vorkommt. Auch die enormen Dimensionen erfordern einige Zeit an Vorlauf und Planung. In diesem Fall wurde außer dem Zahnkranz auch die 9 Tonnen schwere Ritzelwelle ersetzt. Die Spezialteile müssen passgenau gefertigt, geprüft, transportiert und eingebaut werden. Im Werk haben wir für solche Projekte einen Instandhaltungskoordinator, der alle Projekte organisiert und überwacht und so für einen reibungslosen Ablauf sorgt. Die Laufzeit des Projekts „Zahnkranztausch“ betrug insgesamt etwas über zwei Jahre. In diesem Projekt wurden sowohl Zahnkranz als auch Ritzelwelle ersetzt.
Die Fertigung des neuen Zahnkranzes, eine zweiteilige Schweißkonstruktion mit 6,3 m Durchmesser und 11,7 t Gewicht pro Hälfte, hat mehr als 8 Monate gedauert. Diese Schweißkonstruktion ist langlebiger und effizienter als das Vorgängermodell aus Guss, da weniger Verzugserscheinungen auftreten und die Verzahnungshärte bereits in der Fertigung von Zahnkranz und Ritzelwelle optimiert wurden. Sind die Härten von Zahnkranz und Ritzel optimal aufeinander abgestimmt, verteilt sich der Verschleiß insgesamt gleichmäßig und bleibt damit so gering wie möglich. Dafür wurden die 244 Zähne des Zahnkranzes auf eine Zielhärte von 27-29 HRC und die 35 Zähne der Ritzelwelle auf 56-60 HRC eingestellt. Die Ritzelwelle benötigt aufgrund der geringeren Größe von 0,945 m eine deutlich härtere Einstellung. Die Fertigungszeit der neuen Ritzelwelle betrug ca. 5 Monate. Für die Fertigung beider Zahnräder wurden für Engineering und Umsetzung jeweils Spezialfirmen beauftragt. Hier muss trotz der enormen Abmessungen extrem genau gearbeitet werden: Die geforderte Rundlaufgenauigkeit beträgt weniger als ein halber Millimeter, nämlich 350 µm. Für die neuen Bauteile musste zudem die Kupplung umgebaut werden. Auch hier kam ein externer Spezialist zum Einsatz, da wir nicht über die notwendigen Spezialwerkzeuge verfügten.
Letze Hürde: Endmontage
Besondere Herausforderungen des Projektes waren neben der Fertigung auch Transport und Einbau. Beim Transport wurden Spezialfirmen beauftragt. Beim Einbau im Werk wiederum stellte die räumliche Enge die größte Herausforderung dar. Schließlich wurde die Mühle selbst als zusätzliche Stütze für die Montage genutzt. Hierfür musste die Kugelfüllung entfernt werden: Insgesamt 165-175 t an Stahlkugeln mit unterschiedlichen Durchmessern von je 20-90 mm wurden aus der Mühle geräumt. So entlastet, konnten Gerüste und der Zahnkranz selbst zur Montage auf dem Mühlengehäuse abgestützt werden. Für Stahlbau und Kranarbeiten wurde ebenfalls externe Unterstützung eingesetzt.
Neben den externen Spezialfirmen haben auch mehrere interne Abteilungen zum Erfolg des Projekts maßgeblich beigetragen: Das Serviceteam war dafür zuständig, die Stahlkugeln der Mühle zu entfernen, zu reinigen und wieder einzusetzen. Das Team der Instandhaltung bereitet die Baustelle vor, indem Anlagenkomponenten ab- und wieder aufgebaut werden, um genug Platz zu schaffen.
Die beiden Hälften des Zahnkranzes wurden nach erfolgreichem Transport direkt um den Mühlenkörper gelegt – die letzte große Herausforderung, die durch die räumliche Enge im Mühlengebäude verschärft wurde. Danach wurden die Zahnkranzhälften am Mühlenkörper mit 36 Stück M48 Schrauben mit einem Drehmoment von 9380 Nm befestigt. Die Zahnkranzhälften wurden mit 16 speziellen Super-Bolts miteinander verschraubt.
Nach über zwei Jahren Planung, einem siebenstelligen Investment und insgesamt 11 Monaten Fertigungs- und Montagezeit, konnte Zementmühle 1 Anfang April wieder in Betrieb genommen werden. Bald wird für Zementmühle 3 ebenfalls der Tausch des Zahnkranzes anstehen – die Planungen laufen bereits auf Hochtouren.
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