Bahnstrecke und Landesstraße L3105
Zement aus Wössingen sichert Bahnstrecke und Landesstraße L3105 bei Hirschhorn am Neckar
Viele Bahnstrecken führen sehr malerisch an Flüssen entlang, so auch die Strecke am Neckar von Heidelberg nach Hirschhorn. Eingebettet in Sandsteinsteilwände verlaufen die Bahngleise an einigen Stellen in unmittelbarer Nähe der Felswände. Direkt daneben verläuft außerdem parallel die Bundesstraße B45. Wurden bei den regelmäßigen Kontrollen Bewegungen oder Veränderungen im Hangbereich festgestellt, waren Verkehrseinschränkungen und ggf. sogar Sperrungen von Bahnstrecke und Bundesstraße die Folge. Die ältesten Schutzmaßnahmen in diesem Bereich datieren aus dem Jahr 1939: Bereits damals wurden aus den Felsstürzen behelfsmäßige Schutzwälle errichtet, und das Gelände mit Beton und Futtermauern gesichert.
Bereits im Mai 2023 wurde damit begonnen, den Beschluss, die Strecke dauerhaft mit Stahlnetzen zu sichern, umzusetzen. Zur Anbringung der Stahlnetze müssen sogenannte Bodennägel im Gestein verankert werden. Das setzt natürlich eine exakte Analyse des Geländes und vor allem des Gesteins voraus. Für die Umsetzung wurden absolute Profis engagiert: Die Sachtleben Mining Services GmbH in Zusammenarbeit mit der Schmitt Landschaftsbau GmbH & Co. KG, die für Projekte dieser Art eine eigene Abteilung zur Fels- und Böschungssicherung betreibt. Die Bercher & Malejko GmbH & Co.KG liefert die passende Zementmischung.
Der Hang besteht aus einer Abfolge verschiedener Sandsteinschichten (Unterer Buntsandstein) mit einer fein- bis mittelkörnigen Struktur. Die Untersuchung ergab, dass das Gestein bereits stark aufgelockert ist. Wasser und Pflanzenbewuchs tragen zusätzlich dazu bei, dass der Hang insgesamt als hochgradig instabil eingestuft werden muss. Die Instabilität des Gesteins ist die größte Herausforderung bei der Umsetzung.
Die Bodennägel, die im Gestein verankert werden müssen, bestehen aus verzinktem Stahl mit 32 mm bzw. 40 mm Durchmesser und sind jeweils zwischen 16 m und 22 m lang. Die Nägel werden mit einer Zementsuspension in der Felswand gesichert. Bei diesem Projekt kam OPTA DUR CEM II/A-LL 42,5 N von OPTERRA zum Einsatz. OPTA DUR ist ein Portlandhüttenzement, der mit seiner hohen Früh- und Endfestigkeit ideal für eine solche Anwendung geeignet ist. Nach eingehender Analyse des Gesteins werden zunächst Löcher mit ca. 102 mm Durchmesser gebohrt. Im zweiten Schritt werden die Bodennägel eingeführt. Danach beginnt die Verfüllung mit Zement. Dies ist häufig ein längerer Prozess, da sich im vorliegenden Gestein auch viele natürlich Hohlräume befinden. Der Zement füllt nicht nur das Bohrloch, sondern alle Hohlräume im Gestein. Häufig ist das genaue Ausmaß im Vorfeld nicht bekannt. Zur besseren Einschätzung werden im Vorfeld Probebohrungen durchgeführt. Insgesamt werden bei Hirschhorn rund 4.500 Nägel einzementiert, um das Steinschlagschutznetz von rund 24.000 m² Fläche zu befestigen. Als weitere Sicherungsmaßnahme werden im oberen Bereich zwei Fangzäune mit einer Länge von jeweils 1.000 m installiert.
Eine weitere Herausforderung dieses Projekts ist Höhe und Neigungsgrad des Geländes. Die Felssteilhänge im unteren Bereich sind mit einer Höhe von bis zu 40 m teilweise extrem steil mit bis 90°. Der direkt darüberliegende Bereich ist bewachsen und erreicht noch Steigungen bis zu 60° mit einer Gesamthöhe von bis zu 70 m. Die nächsten 100 Höhenmeter nehmen Bewuchs und lose Felsblöcke zu und das Gelände wird weniger steil mit ca. 45-60°. Um ein solches Gelände zu bearbeiten, kommt nur hochausgebildetes Fachpersonal, ausgestattet mit Spezialausrüstung, in Frage. Expertisen aus gleich mehreren Disziplinen werden hier vereint, wie z.B. Bergbau, Stahlbau und Betonbau – auch Bergsteigen und Klettern gehören zu den Talenten und Aufgaben solcher Experten.
Um einen sehr nah am Gleis gelegenen Hangabschnitt von ca. 100 m Länge mit Nägeln, Schutznetz und Fangzäunen komplett zu sichern, wurde die Bahnstrecke von August bis Oktober 2023 voll gesperrt. Danach konnten die weiteren Arbeiten über eine eigens eingerichtete Baustraße am Hangfuß durchgeführt werden. Insgesamt wird die Umsetzung der umfangreichen Schutzmaßnahmen über ein Jahr dauern. Geplant ist, dass bis Ende 2024 alles abgeschlossen ist und die Strecke dauerhaft wieder störungsfrei und sicher befahrbar ist.